Wissenschaftliche Bibelexegese im Internet

September 03, 2006

Wikinger und Wikiversity

Ein Versuch eines Internetkommentars ist der "Postmodern Bible Commentary" von Tim Bulkeley (Auckland), der sich auf das Amosbuch beschränkt. Ich halte das für eine nette Idee eines einzelnen Idealisten, der sich schon seit 10 Jahren damit herumschlägt, aber die Benutzeroberfläche und die Software insgesamt lässt noch sehr zu wünschen übrig. Ein gemeinsames Arbeiten am Text im Sinne eines Wikis scheint ebenfalls nicht möglich zu sein.

Interessant ist die neu gegründete Wikiversity, ein Ableger der Wikipedia. Während die Wikipedia dazu gedacht ist, das bekannte Wissen zu einzelnen Themen zusammenfassend darzustellen (im Sinne einer Enzyklopädie), soll die Wikiversity-Oberfläche für das Schaffen neuen Wissens nützlich sein. Jeder kann sich hier selbst ein Urteil bilden. Ich bin skeptisch, ob das die Killer-Applikation sein wird. Für gemeinsames wissenschaftliches Diskutieren und Publizieren im Internet braucht man noch eine andere Software.

Viel versprechend scheint mir zu sein, dass die europäische Antwort auf Google Books, die Quaero-Suchmaschine, auf deutscher Seite auch die Entwicklung von Wissensmanagement-Systemen einschließen soll (laut Wikipedia). Wollen wir hoffen, das etwas Sinnvolles dabei herauskommt. Meistens sind ja doch nur Informatiker und BWLer unter sich und m.E. auf dem Holzweg, weil sie von der methodischen Struktur der Geisteswissenschaften wenig wissen und diese auf ihr kleines Prokrustesbett legen, während die klassischen Geisteswissenschaftler sich nicht mit solchem modernen Kram abgeben wollen und dementsprechend auch gar nicht ahnen, dass es ganz neue Möglichkeiten der strukturierten Wissensorganisation und des Wissensaustausches gibt oder geben könnte. Das ist ein Problem, das mir immer wieder auffällt.

Erwähnenswert ist auch das WIKINGER-Projekt, das vom Fraunhofer Institut für Medienkommunikation durchgeführt wird und das sich exemplarisch mit der Geschichte des Katholizismus im 19./20. Jh. beschäftigt. Die Beschreibung von WIKINGER ist ganz informativ, aber ich glaube nicht, dass uns die Verknüpfung von Eigennamen und Ereignissen mithilfe semantischer Netze und die Nutzung dieses Datenbestandes durch ein Wiki weit voranbringen wird.

Bestimmt ist es also wieder Google, das in 2-4 Jahren eine nützliche Anwendung herausbringen wird, die über Blog, Wiki und Writely hinaus das gemeinsame wissenschaftliche Arbeiten im Internet intuitiv und kinderleicht macht. Hallo, Europäer, wann werdet ihr endlich wach!?